Geschrieben von Maybe am 23.10.2013 um 22:48:
Rezension zur Hörspielfolge 94
„Der Streichelzoo“
(Enthält Spoiler und unerhörten Sarkasmus!)
„Also wirklich – entzückend, wenn es mit seinen Kulleräugelchen guckt.“
Oder: Einmal Mäh und zurück – Willkommen im streichelzarten Paradies purer Langeweile
Das Cover:
Hach, watt süß und schnuffig- schon wieder! Kann ja nicht mehr angehen, wie viele zuckersüße Cover es im Benjamin-Universum gibt, ehrlich. Hier auch wieder. Viele suuuper süße Schafe, ein suuuper grauer Elefant und ein suuuper rothaariger Otto. Ach ja, und Karla. Die macht wieder ein Foto für ihr übervolles Sammelalbum „Benjamins süße Findelkinder“.
Da wünscht man sich ja fast selbst, ein Schaf zu sein. Mäh.
Zur Geschichte + Meine Meinung:
Wenn eine Geschichte schon mit einem „Was für ein wunderschöner Tag“ anfängt, ja, dann weiß ich auch nicht, was ich mir dabei denke, weiterzuhören. Eine oh-happy-Day-Story geht mir meist selten unter die
Schaf Kuhhaut. Einfach, weil diese Folgen dann oft so die lästige Angewohnheit haben, jihihahadoll zu werden. Wisst, ihr, was ich meine? Benjamin holt tief Luft durch seinen Trompeter, beginnt mit: „Ach, was für ein wunderschö-“ und ich drück schon weg mit: „Ups, ja, weiß schon Bescheid“- Gedanken.
Aber hier nicht, nehe. Könnt ihr knicken.
Weil ich mir die schäfchentolle Folge mal von links nach rechts durch die Ohren gezogen habe. Danach fühle ich mich zwar selbst ein bisschen mäh, aber hey, das ist in Ordnung. Das geht vorbei.
Benjamin und Otto sind zu Beginn der Folge auf Wanderschaft. Des Wandern ist des Wanderers Lust oder so… Ja, wisst schon, was jetzt kommt: keine ordentliche Benjamin-Folge ohne ein bescheuertes Picknick. Also suchen sich die zwei Wandergesellen des wolltechnischen Vorgeschmacks auf diese abenteuerliche gemähte Folge eine Picknickstelle und mampfen erst mal von Mama Otto eingesteckte Apfelpfannkuchen.
-CUT- Also, halten wir fest: Benjamin und Otto wandern, essen Pfannkuchen.
Genauso spannend geht es jetzt die ganze Folge über weiter, könnt ihr euch drauf verlassen!
Also weiter… denn jetzt wird’s ganz mähtastisch!
Benjamin und Otto machen ein wohlverdientes Mittagsschläfchen. Benjamin träumt von einem Leben als sprechendes Zuckerstückchen und Otto träumt von dem Tag, an dem er Stella kennenlernt und schreckt panisch aus dem Schlaf auf, schläft dann aber wieder beruhigt ein, als er begreift, dass das noch sechs Folgen lang dauert, bis dieser Alptraum eintritt. Puh ey.
Genau in dem Moment aber schleicht sich ein dreistes Schäfchen herbei und futtert ihre letzten Wintervorräte auf. Der Erzähler ist auf der
Stella Stelle eingelullt und setzt dem Hörer sogleich plüschige Bilder in den Kopf:
„Ein Schäfchen! Und was für ein süßes! Es hat einen schwarzen Fleck um ein Auge. Also wirklich- entzückend, wenn es mit seinen Kulleräugelchen guckt.“ Oh man… der Erzähler ist ja seit Schmusi eh schon schmusifiziert, aber bitte- muss er jetzt auch noch eine peinliche Nummer ala Karla in Kuschel-wuschel-Stimmung abgeben? Muss mal echt nicht sein…
Benjamin und Otto finden das Wollvieh natürlich auch voll putziwutzi und fragen es, wie es denn heißt und wo es herkommt. Das Schaf entrüstet: „Mäh!“
Und Benjamin, ganz Neustadts Dr. Dolittle, versteht Schafilein natürlich und übersetzt schon, während Otto noch hektisch in seinem Exemplar von „Deutsch- Schaf, Schaf- Deutsch“ blättert.
Selbstmähend geht das dann auch „Oh, bist du süüüüüß“ und so weiter. Ist ja klar. Irgendwoher müssen die Schäfchen ja ihren Stolz her haben, zu wissen, dass alle sie lieben und aufs Streicheln aus sind. Schäfchen sind nicht von Natur aus so, wisst ihr, nahein, die werden SO gemacht!
Wer jetzt NICHT weiß, wie das Flecken-Monster heißt, hat echt noch nie ein Kuscheltier nach seinem Aussehen benannt! Na?! Ja klar… es heißt
Fleckchen. … wie auch... sonst.
Weil Fleckchen sich verlaufen hat, bringen Benjamin und Otto es zurück zu seiner Herde, wo der
Schäfer Heinrich Schäfer Willi Wollmann mit seinem Schäferhund gerade für die hiesige Schaf-Weitwurf-Meisterschaft trainiert.
Schön fand ich an dieser
Stella Stelle, dass der Erzähler die Kids vorm Hörspiel animiert, ihr wolliges Hirn mal ein bisschen anzustrengen: „Wie stellt ihr euch einen Schäfer vor?“ Äh… groß und… grün… und… wie ein Schaf, nur als Mensch?!
Also ungefähr… so:
Nicht so schön fand ich, dass Otto hier schon erste Eigenschaften seines bald stark aufkommenden Klugscheißerseins aufweist: „Zu jedem Schäfer gibt es natürlich einen richtigen Schäferhund.“
Wuff, Otto, wuff.
So, die drei unterhalten sich jetzt. Alles total spannend und so.
Dann taucht auf einmal der Bösewicht der Folge auf:
Wollstrumpf-Fabrikant Kratzstrumpf.
Schicker Name! Stellt euch den mal auf einem fahrenden Auto vor, das euch begegnet, wenn ihr unterwegs seid. Ich mein, was würdet ihr tun: komisch gucken, lachen oder denken, derjenige, der sich so nennt, hat einen an der Waffel? Oder alles auf einmal? Tzehe, also ich schon. Also letzteres.
Der Kratzstrümpfige hupt erst mal die Schafherde in die Luft und verschafft sich so ein bisschen Respekt, yeah! Blöd nur, dass er Schafe hasst und nur ihre Wolle will. Auch blöd, dass er dem Schäfer die blöden Wollis abkaufen will, aber Benjamin und Otto aber selbst mähend dagegen sind, weil… äääh… keine Ahnung, warum, das kommt irgendwie nicht richtig raus. Der Typ ist zwar ziemlich unfreundlich und sagt öffentlich, dass er Schafe nicht leiden kann (ja, mh… ich wein gleich…), aber ansonsten? Der will auch nur seine Arbeit machen und Wollsocken herstellen. Lasst den Mann doch.
Das blöde Fleckchen frisst den Kaufvertrag, der besagt, das es und seine coole Sheep-Gang an den Kratzwhatever-Menschen übergeben werden, dann einfach auf und (fast) alle finden es witzig…
Mh, wowi.
Der arme Schäfer fühlt sich währenddessen zu alt für seine Pulloverschweine und sieht deshalb nur den Ausweg, seine Wollknullis an diesen Protztypen zu verscherbeln.
An dieser Stelle weiß ein jeder, wie es weitergeht:
Benjamin und Otto: Oh neeein, das kann nicht seeeein…
Benjamin: Lasst uns einen Streichelzoo aufmachen.
Herr Tierlieb: Okay. Aber Moment… ach je, kein Geld da.
Karla: Kein Ding. Wir sammeln Spenden.
Fleckchen: Mäh.
Benjamin: Hohoho- ist das schön, dass jetzt alles wieder gut ist… Törööö!
Erzähler: Bis zum nächsten Mal, ihr Lieben.
Na gut, es passiert natürlich noch mehr…
…
…
…
Nein, eigentlich nicht.
Die Folge bietet nämlich alles, was auch ein paar Minuten Ausruhen in vollkommener Stille bietet. Das ist beides gleich ausfüllend. Man könnte also sagen, dass man die Folge erst gar nicht hören braucht.
Dann hat man nämlich rein nichts verpasst.
Es passiert eben auch einfach nichts. Und das was passiert, ist total vorhersehbar, auf Langeweile gestreckt und einschläfernd treudoof.
Wirklich nur was für die ganz Kleinen, denen man lieber noch ne nullige Handlung bieten möchte. Obwohl… ne, da passt der sehr böse Bösewicht wieder nicht, der herum wettert und die Kleinen Milchzahnmonster erschrecken könnte…
Aber für wen ist die Folge denn dann?
Na gut, sagen wir mal so: wer kleine Plüschschäfchen mag, die total unspektakulär gerettet werden, der sollte mal reinhören. Alle anderen: tuts euch nicht an. Die Folge ist es nicht wert.
Übrigens wird das Fleckchen von einer menschlichen Stimme in scha(r)fe Szene gesetzt.
Ein bisschen nervig ist es schon, aber man kann es aushalten.
Gut. Fertig gehört und überstanden.
Schaf Schwein gehabt.
Highlights:
- Kratzstrumpf über Benjamin:
„Was geht Sie das überhaupt an, Herr Mauerblume?!“
- Teil 2:
„Das geht Sie überhaupt nichts an, Herr Blumenstängel!“
- Karla will das Schaf fotografieren: „Fleckchen putti putti Fleckilein… schau mal, hier ist das Vögelchen.“
- Fleckchen haut ab,
Karla: „Wo ist es denn nun hingelaufen, das Unschuldslamm?“
- Fleckchen läuft ausgerechnet in die Strumpffabrik (ja nee, sicher doch…)
Leute, Kopfkino an! Fleckchen mäht also in die Strumpffabrik, gerät da irgendwie ganz blöd in eine Maschine und kommt als Socke wieder raus…! (Bwuahahaaa… DAS Bild!)
- Es kursiert die Überlegung: Je mehr Kinder die Schafe streicheln, desto weicher wird die Wolle (mh, japp… Die-Welt-ist-ein-wunderschöner-Ort-und-wird-jeden-Tag-schöner-Denken, ne?!)
- Fleckchen springt auf die Motorhaube des Lastwagens (als ob…)
- Die Schafe werden „gerettet“ und düsen davon.
Kratzstrumpf: „Meine Wolle! Jetzt läuft sie wieder frei herum!“
-
Karla: „Da qualmen einem ja die Wollsocken vor Neugier!“
- Ohr-schmeichelnde Dialoge ala:
Benni und Otto gleichzeitig: Wer schmatzt denn dann???
Flecki das süße Schaf: Määäh
Benni und Otto im Chor: huuuch?!?
Flecki das süße Schaf: Määäh
Benni und Otto vereint: Wer bist du denn???
Flecki das süße Schaf: Määäh
(Dank an Jojo!)
Die Figuren:
Benjamin: Macht seine Sache ganz gut. Typisch Benjamin eben.
Otto: Obwohl er manchmal besserwisserisch ist, kann man ihn hier echt gut haben.
Stella: Nicht dabei. Das ist wie Urlaub für meine Ohren.
Herr Tierlieb: Ich mag die Stimme irgendwie nicht sooo gern. Aber ansonsten ganz nett.
Karla Kolumna: Ist nicht so aufgedreht, wie ich erwartet habe. Das war gut.
Schäfer: Netter Kerl.
Bösewicht: Bringt wenigstens etwas Stimmung ins Nichts.
Heinrich: (
„Wenn ich auch ein Schäfer bin, hab ich dennoch frohen Sinn… Frohen Sinn und heiteres Leben…“ Moment, ist der falsche Heinrich, Verzeihung.)
Fleckchen: Nicht süß. Nervig.
Der Zoo: Fühlt sich ausgenutzt von den Mäh-fen. Kann ich ihm nachfühlen.
Fazit:
Schwache Folge… Mäh Mäh hier, Mäh Mäh da… Leider zu langweilig und mit zu wenigen guten Ansätzen. Für kleine Schäfchenliebhaber, die auf Überraschung und Spannung verzichten können, aber durchaus was fürs Ohr. Für die größeren ohne Sinn für „Och wie süüüüß!“ eher nichts.
Bewertung
3 von 10 Punkten.