Geschrieben von Maybe am 10.06.2015 um 22:04:
Rezension zur Hörspielfolge 10
„und die neue Freundin“
(Enthält Sechsen, Haue und Spoiler!)
“Die ist superdoof!“
Oder: Vom Problemfall Schule zu Problemfall Eltern und zurück
Das Cover:
Ganz spartanisch gehalten: Bibi, ein Mädchen und zwei wilde Zettel. Bibi trägt einen roten coolen Ranzen und das Mädchen sieht aus wie aus der Folge einer 80er-Jahre-Serie entsprungen. Die Stellung ihrer Füße sieht irgendwie ungesund aus, aber das ist nichts im Vergleich zu Bibis weißen Strümpfen. Ernsthaft- wie hält die die immer so rein und weiß und sauber, obwohl sie da DRAUSSEN mit rumläuft? Und was steht da auf dem Zettel? Das sind Fragen, die mich gerade nicht mehr loslassen. Ein schlichtes Cover- aber so vielfältig… der Burner.
Zur Geschichte und meine Meinung:
Joscha ist ein oller Pausenbrot-Klauer! Und die Schulklingel ist unverschämt vorlaut! Und warum schreien alle durcheinander? Achso… wir sind in der Schule, wo Bibi gerade unter die Tische taucht und IKEA-Prospekthefte in den Ranzen zurückstopft. Nicht, dass Herr Schumann noch auf falsche Gedanken kommt. Aber nein… der hat ganz andere Probleme. Denn den ganzen Tag schon wird er von einem kleinen, knubbligen Schatten verfolgt, der sich „Hm… Monika Seifert“ nennt. Erst kurz vor dem Eintreten der Klasse dämmert ihm, dass das die neue Schülerin sein muss, die der Direktor auf dem Betriebsausflug angekündigt hat, sturzbesoffen, sodass Schumann ihm das nicht ganz abnehmen konnte. In solchen Momenten prophezeit der Ober-Pauker nämlich oft komische Dinge: eine Invasion der weißen Kreiden, Tafelschwamm-Kriege im Schul-Keller und Salamibrote, die selbstzerstörerisch die Klos verstopfen. Schuhmann mag diese Fantasie nicht. Aber was er mag ist…
… Moni!
Die steht gerade griesgrämig im Klassenraum und erzählt, dass es ihr ÜBERHAUPT NICHT HIER GEFÄLLT IHR LOOOOOOOSER!
Joscha findet nicht, dass er ein Verlierertyp ist (er klaut nur Pausenbrote, weil er seine nicht verliert, sondern… ähäh… verliehen hat! Ja, nur verliehen.) Er findet aber, dass Moni mal komisch angezogen ist. Ih bah. Klamottenzwang, Gruppenzwang, wir mobben-alles-neue-Zwang. Der Lehrer beschwichtigt, dass im „Grunde alle ganz nett sind“. Genau… so siehts aus. Da kommste irgendwo neu hin und alle „Buhhh!“ und du „Waaaaah!“ und der Streitschlichter: „Relax. Die buhen, aber eigentlich sind die voll am Jubeln.“
Moni hatte garantiert keine Hexe in ihrer Klasse, da auf dem Land, wetten?
Boah sei ruhig, du Nerv-Kind. Wir wollen hier nicht über Bibi Blocksberg sprechen! Immerhin heißt die Folge „Bibis neue Freundin“ und nicht „Bibis alter Ego“. Ich find das richtig interessant mit Monika&Seifert gerade. Die findet: „Hexen! Die spinnen wohl alle!“
Weil es neben Bibi immer nach Schwefel stinkt, ist der Platz seit dem zweiten Schultag nach Einschulung frei. Da kann Monika, die Seife, sich also hinpflanzen. Unfreiwillig zwar, aber… oh, sie sitzt. Gut so, dass schaffst du schon, Seifenlauge. Wir glauben an dich!
Was ist denn nun kaputt? Erst sagt der Erzähler, dass Moni ihm leidtut, dann lästert er selbst über sie ab. In welcher Welt leben wir denn? „Ein bisschen komisch angezogen ist sie schon…“ Also ehrlich- ich will gar nicht wissen, was sein „modisch wie die anderen“ bei ihm bedeutet. Die Folge ist nämlich von 1983 (Kopfkino startet ab jetzt…).
Moni wird ab sofort als miesgelaunte Miesmuschel dargestellt. Sie pfeift die anderen an. Sie bleibt stur sitzen. Sie trägt nen zu großen Pulli. Sie findet Schule nervig. Sie ist hochnäsig. Sie ist ne Muh-Kuh.
Alle finden sie doof.
Und wenn die Folge nicht aus den 80ern, sondern von heute wäre, gäbe es auch schon eine WhatsApp-Gruppe mit dem Namen „Moni ist dumm und stinkt“ (traurige Welt… ich bin froh, dass ich aus dem Alter raus bin und wir früher solche Sachen noch nicht hatten…)
Na ja, der Schultag ist um und Bibi steht allein auf dem Schulhof und packt ihren Besen Kartoffelbrei beim Schopfe, um mit ihm nach Hause zu fliegen. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, dass Bibi darauf achtet, dass niemand zusieht, wie sie losfliegt, aber so ist es tatsächlich. Sie kurvt ein wenig herum und ärgert einen Polizisten, der ein Gesetz erlassen will, dass Bibi zwischen 0 und 12 Uhr nicht fliegen darf.
Aber… so ein Mist. Sie kann nicht einfach in das Hochhaus reinfliegen, sondern muss klopfen wie normale Leute. Eine Zumutung sondergleichen. Klopfen ist was für alte Omas und solche, die es werden wollen.
Beim Mittagessen erzählt Bibi ihrer Mutter von der Neuen. Diesem Ekel. Bauerntrampel. Super doofe wie die schon aussieht ey voll das dumme Ding igitt bah… Barbara Blocksberg muss sich schon sehr wundern, dass Bibi solche Ausdrücke kennt (die Folge ist aus den 80ern, wie gesagt… heutzutage dürfte man die nicht mehr aufnehmen… die Ausdrücke aus dem heutigen Kinderzimmer würden euch die Perücken von den Birnen wehen, wissta Bescheid…)
Die Mutter erinnert das Töchterlein daran, dass Bibi eigentlich selbst ein Bauerntrampel war. Früher mal. Einmal Trampel, immer Trampel. Außerdem soll Bibi mal mehr nachdenken. Und mittags gefälligst klopfen. Und überhaupt soll sie sich mal benehmen, als sei sie erzogen worden und nicht wie eine Herde Schafe, von einem blinden Wolf gejagt.
Nachts träumt Bibi von Moni. Das ist so ein Traum, den man schnellstmöglich aus seinem Leben verbannen will... Man liegt da und denkt: „Oh Gott- das hast du nicht wirklich gerade geträumt!“ Sollte jeder kennen, die Situation. Deshalb möchte ich den Traum nicht weiter erläutern, außer, dass darin Schuhe, ein froschgrüner Pulli und eine verschlossene Tür, an die jede Minute jemand klopft, vorkamen.
Am nächsten Tag also geht die Schule weiter. Tja, das ist das lästige an Schule… sie ist einfach andauernd und man muss immer hin. Moni ergibt sich ihrem Schicksal. Aber irgendwas schreiben oder gar Hausaufgaben machen mag sie nicht. Bibi fragt besorgt, warum sie denn nichts gemacht hat, was Moni bis aufs Blut reizt und die beiden beschimpfen sich aufs Übelste… Meine Herren, nach dieser Folge bin ich komplett versaut. Echt.
Moni ist immer noch doof wie Toastbrot ohne Belag.
Auf dem Spielplatz ist sie ganz allein, aber die anderen sorgen dafür, dass sie schön weiter gemobbt wird. Dann kommt es sogar zu Gewalt am Arbeitsplatz: Joscha schlägt Moni und sie rennt heulend weg. Bibi findet das einfach mal „nicht richtig“… HALLO?!
Okay, der Schlag war bestimmt ganz leicht… kaum der Rede wert… kaum-
Boah haben die es gleich? Moni ist weg, aber Bibi und ihre Freunde lästern stur gerade aus weiter. Was für Kakerlaken.
Nur Bibi hat plötzlich eine total-Verwandlung hinter sich und will nicht mehr lästern, sondern… irgendwas zwischen nett sein und einfach was tun, weil Mama geschimpft hat.
Bibis Helfersyndrom setzt so rasch ein, dass der Schumann sich überschlägt vor Freude. Er hält das Hausaufgabenheft von Moni in der Hand und sieht, dass sie etwas getan hat, dass sie geschrieben und gearbeitet hat. Er springt auf, reißt sich das Hemd auf, tanzt um den Pult herum, wirft Luftschlangen, wirft Kusshände, wirft alles, was sich werfen lässt, schmeißt sich schließlich zurück auf den Stuhl, friert seine Miene ein und sagt tonlos: „Na das freut mich aber.“
Moni ist komplett verwirrt. Die ekligen Hausaufgaben können sich doch nicht von selbst gemacht haben? Und was soll sie mit der dicken, fetten Eins, die der Schumann ihr verpasst hat?
Das ist doch Zauberei und so. Muss so sein. Bibi kommt zu ihr und sagt, dass man ja nicht alles verstehen kann und übrigens findet sie Moni nett.
Währenddessen:
WhatsApp-Unterhaltung -Moni is voll doFF und STinkkT:-
Joscha: hab moni heute verdroschen. meine hand tut weh aber moni is jetzt halb tot die dumme schweinekuh
Claudi: ih die is dumm und wenn die pupst riecht das bestimmt nach PUPS
Jo-Hanna Banana: MONI IST ZU BLÖD ZUM EIERLEGEN
Sabinchen: dieee is feett und hässslich und so hässliich wie eine Windell
Joscha: meine mama hat meine hand verbunden. ich mach die dafür noch toter, jawohlllll
Cola-Fanta: deine MAMA?
Joscha: nein moni du dummkuh!
Claudi: wenn die kommt musst du die wieder weghauen joschi
Joscha: mach ich EH. Ich mach die so tot dass die nicht mehr leben kann
Jo-Hanna Banana: MONI IS ZU BLÖD ZUM KUCHENBACKEN
Joscha: wenn die tot ist kann ich die noch weiter verdreschen. Bis zum ende der welt
Sabinchen: Coool darf ich auch maal?
Joscha: nur jungen verdreschen kleine mädchen du witz mit ohren
Cola-Fanta: ich muss Hausaufgaben machen. Aber moni is kacke
Sabinchen: herr schumann stinkkt megaviel wenn er gedichte vorliest
Joscha: hallo schreib das in die schumann-Gruppe! Hier nur über moni… die morgen tot sein wird
Bibi: Also ich mag Moni.
Bibi wurde aus der Gruppe entfernt.
Bibi ist zwar nicht mehr in der wichtigsten Gruppe der Welt drin, aber dafür hat sie jetzt ein sehr aufregendes Gespräch mit Moni, die erzählt, was für Ekelpakete ihre Eltern sind. Dann weint sie. „Bibi hat plötzlich das Gefühl, sie müsse Moni streicheln…“ (ich HASSE diesen Satz, ich hasseee ihn seit ich ein Kind bin. Das klingt sowas von komisch! Wie der Erzähler das sagt… buaaah…)
Moni weint also, weil ihre Eltern sie total vernachlässigen. Also wird in der Geschichte nicht nur der Umstand von Mobbing angesprochen, sondern auch elterliche Vernachlässigung, was ja nicht mal selten vorkommt. Einerseits find ich das gut, andererseits ist das für ein jüngeres Kind auch schwer nachzuvollziehen, warum einen Eltern so behandeln können. Ich finde man sollte als Eltern die Folge nicht allein stehen lassen, sondern mit dem Kind darüber reden.
Überraschungsbesuch bei Bibi zuhause: Moni kommt mit und Mutter Blocksberg freut sich. Sehr hübsch finde ich, dass Moni als allererstes sagt „hier riechts aber komisch“, so richtig nebenbei. Diese kleinen Winks mit dem Zaunpfahl in den alten Folgen sind echt toll, weil sie die Dialoge, selbst wenn die eigentlich ganz harmlos sind, lebendig machen. Diese Folge etwa wirkt eher träge und langsam, es gibt keine Action oder sonstwas, weil sie sich so direkt auf die Themen bezieht, die vorhanden sind. Trotzdem passiert ganz viel.
Bibi und Moni werden nun langsam zu dicken Busenfreundinnen… Moment, in dem Alter, ähm… sie werden Freundschaftsarmband-Freundinnen… oder, was würde meine dreizehnjährige Schwester sagen?
BFFAEAA (= Best friend forever and ever and always), sowas in der Richtung. Hauptsache schön viele Großbuchstaben aneinandergereiht, mit einem Herz versehen und Kuschel-Wuschel-Smileys. Hach ja, die schöne WhatsApp-Generation. Fast schon niedlich.
Wer aber mal gar nicht unser BFF ist, ist der Herr Schumann! Der verteilt nämlich jetzt Zeugnisse und katapultiert sich damit in zwei Sekunden auf Platz 19 von 20 der unbeliebtesten Lehrer der Schule. Aber nur solange, bis er mal Hitzefrei gibt, of course. Oder ganz lieb lächelt. Oder sagt: „Wir machen heute keinen Unterricht- wir gucken nen Film!“
Aber jetzt ist er gerade das Z vom Alphabet:
heimlicher Ausschnitt aus WhatsApp-Unterhaltung -Schumann hat hässliche Schuhe an!-:
Joscha: kack zeugnisse ich hau den schumann tot
Claudi: aber erst moni!!!!
Jo-Hanna Banana: ich hab eine drei in sozialkunde
Lollipop: bist du doff ich hab ne zwei
Joscha: wie könnt ihr dummies so gute noten in sowas haben? ihr seid nur am mobben ey
Cola-Fanta: moni is doof und hat schwarze haare mit mädchenspangen
Joscha: falscher chat du honk
Nun kommt es zur atomaren Katastrophe: MONI HAT NUUUUUR SECHSEN AUF DEM ZEUGNIS! (in Zahlen: 666666666666666666666666666666666666666)
- In China lösen alle umfallenden Säcke Reis eine Lawine aus
- Der Graf von Unheilig singt „wir sind geboren, um zu sterben…“
- Heidi Klum sucht Schrottmodels und ist auch sonst total verwirrt
- Joscha haut sich ausversehen selbst eine runter
- Helene Fischer isst „Pausenbrot durch die Nacht“…
- Und niemand versteht, was plötzlich los ist...
Mal abgesehen davon, dass das nicht besonders realistisch ist, weil 1. Kann man einem Schüler nur sechsen geben, wenn er immerhin anwesend ist? Vor allem in der Klassenstufe… 2. Moni hat sich ja nach ner Weile total angestrengt, wie kann das sein, dass die dann die Noten nicht mehr verbessern konnte? Also ich finde es auch dreist vom Lehrer, dass der sich nicht vorher mit den Eltern in Verbindung gesetzt hat. Klar hat der ne Menge zutun, aber hallo? Dafür, dass Moni angeblich sein „Sorgenkind“ ist, lässt der sie ganz schön hängen. Ich mag Schumi ja, aber das kann er doch unserer Seifentrulla nicht antun!
Selbstmurmelnd hat Moni jetzt den Megaschiss, nach Hause zu gehen. Sie hat Angst, dass der Papa sie verprügelt (Bibi hex das Jugendamt ins Seifert-Haus!). Die kleine Hexe lässt sich aber eine Lösung einfallen, die nicht besonders klug ist: Noten verhexen. Moah, wie OFT haben wir das nicht früher gemacht… *in Erinnerungen schwelg*… jajaja… damals…
Bibi wollte aber natürlich nur ihrer BFF helfen. Doch kommt es eine Woche später dann noch einmal zur Katastrophe, als Herr Schumann seinen Abend verplant mit einem Moni-Eltern-Date. Endlich reagiert er mal… viel zu spät, du
– hier beliebiges 80er-Jahre-Schimpfwort einfügen-.
Monis Mutter, die auch Frau Weber ist, (also… nein, sie hat nur die Stimme… sorry), ist nicht so erfreut, dass Herr Schumann sie gedatet hat. Auch Norbert, der alte Stinkstiefel von Monis Vater, würde lieber „Die Ludolfs“ gucken als sich diesen Lehrer anzutun.
Und dann folgt das grandiose Finale, wozu ich noch ein paar Worte sagen will: An sich ist die Idee echt gut. Da Bibi die Eltern in Kinder verhext und sie so fühlen lässt, wie es ist, wenn man „misshandelt“ wird (also im entfernten Sinne), bekommen die beiden schön den Kopf gewaschen. Aber dann hext Bibi die beiden „endlich lieb“, was irgendwie keine glückliche Lösung ist. Die Szenen sind zwar recht witzig, vor allem der nach seinem Lolli weinenden Vater, aber mit der Realität hat das nichts zutun. Besser wäre vielleicht ein Gespräch gewesen, im Sinne von, dass Bibi die beiden nicht „lieb“ hexen muss, sondern dass sie es von ALLEINE einsehen. Das hätte mir besser gefallen.
Highlights:
- „Ich beschimpfe wen ich will, ihr tauben Nüsse ihr.“ (Moni)
Dazu fällt mir nur das ein:
- Die Folge punktet ungemein damit, dass sie realistische Situationen aufgreift und dass nicht nur in einfacher, sondern in zweifacher Form (Mobbing und Vernachlässigung). Ich finde, man merkt, dass sich die Macher, bzw. der Drehbuchschreiber sich hier Gedanken gemacht hat und das finde ich gut
Fazit:
Eine Folge, die alles andere als 08/15 ist. Ruhig, aber intensiv erzählt ist sie trotz des Alters immer noch gut geeignet, um damit Kinder zum Nachdenken zu animieren
Bewertung:
9 von 10 Punkten