Benjamin Blümchen 089 – Der rote Luftballon
„Loslassen! Ich will zu Otto!“
„Einen Otto gibt es im Kinderheim bestimmt auch!“
Ich habe mal hier irgendwo gesagt, dass ich nie eine Folge von Benjamin, Bibi oder B&T selber gekauft habe. Das stimmt aber nicht ganz. Diese Folge habe ich vom Flohmarkt, deshalb fiel sie mir wohl damals auch nicht gleich ein. Die Kassette funktionierte, aber der Klappentext war nicht mehr vorhanden. Ich fand die Folge damals recht passabel, zumindest nicht schlecht und bin gespannt, wie ich sie heute sehe. Ich kriege die Story auch noch einigermaßen zusammen.
Benjamin ist dieses Mal sogar zur Faulheit verdonnert worden – von Karl, dem Benjamin beim Zementieren der Wege nicht im Weg rumstehen soll. Aber in einem Zoo, in dem die wilden Tiere offenbar mittlerweile ständig auf dem ganzen Gelände herumlaufen dürfen geht es trotzdem schief. Wie es bei Benjamin aber nun mal Standard ist, kommt ihm gleich eine Idee, um den Weg zu retten: Einfach noch mehr drübertrampeln
Nein, im Ernst, ich mag die Idee. Eine große Reklame ist das zwar nur in Neustadt wert, woanders würde man denken: „Ja, hübsch, aber dafür komme ich doch jetzt nicht extra in den Zoo…“, aber das reicht ja auch. Karl ist allerdings überhaupt nicht begeistert, dass seine Arbeit nicht gewürdigt wird – was ist denn da los? Unzufriedenheit im Job? Da sollte man aufpassen!
Voll süß, dass Otto befürchtet, voll Stress zu bekommen, weil er kein Tier ist und trotzdem seinen Abdruck auf dem Tierpfotenweg hinterlässt. Hätte mich schon interessiert, ob Herr Tierlieb sauer geworden wäre
Nun kommen wir also zum titelgebenden roten Luftballon und damit kommen Aljoscha alias Willi alias Kevin Krüger alias Oliver Olsen und sein Großvater Pjotr alias Janosch alias Dr. Spange ins Spiel, die irgendwo an einem nicht näher benannten Ort in ländlichen und ärmlichen Verhältnissen leben. Scheinbar außerhalb von Deutschland, das legen nicht nur die Namen nahe, denn die Antwort von Benjamin und Otto braucht ganze drei Tage zum Ankommen. Anstatt einfach eine Flaschenpost in den Fluss zu werfen, hat Aljoscha seinen Brief an einen Luftballon gehängt und auf den Wind vertraut, was natürlich funktioniert hat.
Die Grundidee der Story gefällt mir total gut, ich hätte früher auch gerne einen unbekannten Brieffreund gehabt, hat sich aber nie ergeben und na ja, mittlerweile ist es dafür auch zu spät, denke ich, ich bin auch viel zu schreibfaul geworden
Karla übertreibt ein bisschen. Da bittet ein Junge um ein bisschen Kleidung und sie macht daraus gleich wieder einen Sensationsbericht und ruft sämtliche Neustädter zu Kleiderspenden auf. Für EINEN Jungen. Ein bisschen too much. Worauf die Geschichte hinauswill, ist ja klar, aber dann wäre es sinnvoller gewesen, sie um ein Kinderdorf zu basteln. Niemand kennt diesen Jungen, der kann sonst was behaupten, aber die ganze Stadt schüttet sofort ihr Herz aus. Das ist mir dann doch zu aufgedrückt.
Witzig aber, wie Otto versucht, die Brieffreundschaft exklusiv zu halten: „Er hat bestimmt ganz viele Freunde, die auch gerne Post bekommen“
Wenigstens checken die Freunde, dass es zu viel ist und denken sich: „Na ja, vielleicht ist die ganze Nachbarschaft auch arm“. Ich gebe ja zu, dass die Geschichte gewisse Macken hat, ein paar Sachen sind einfach zu übertrieben. Trotzdem schön, dass man solche sozialen Themen überhaupt nochmal so spät in der Serie aufgreift.
So richtig sinnvoll finde ich es nicht, dass Aljoscha und Pjotr zuerst kommen sollen. Die geraten dann vor ganz Neustadt erstmal schön in Verlegenheit und können die „Wagenladung“ doch gar nicht mit zurücknehmen. Aber gut…
Lustig ist, dass Fritz Vogdt jetzt schon wieder einen Ausreißer spielt. Bei B&T hatte er eine ähnliche Rolle, bei Wendy noch ähnlicher. Zufall?
Die Szene, als Aljoscha am Bahnhof von Wachtmeister Wichtig erwischt wird, ist mir von der Folge am meisten in Erinnerung geblieben. Aljoscha landet kurz vorm Ziel also im Kinderheim, was ja auch irgendwie nicht schlecht zur Geschichte passt.
Pjotr kommt also erstmal alleine mit dem Zug an – was vor allem Otto total deprimiert. Ich frage mich nur: Ist er besorgt um Aljoscha oder einfach sauer, weil er jetzt niemanden zum Spielen hat? Seine Reaktion deutet irgendwie mehr auf Letzteres hin… Aber das Blümchen für Benjamin Blümchen ist durchaus süß. Dass Pjotr sich keine Sorgen um Aljoscha macht, sehe ich tatsächlich gar nicht so negativ, weil es zu seiner Charakterisierung passt. Er hat halt ein sehr sonniges Gemüt, ist bescheiden und vertraut darauf, dass alles gut wird. Natürlich eine recht klischeehafte Figurenzeichnung, aber in meinen Augen wenigstens konsequent.
„Wir sind arm und wer arm ist, findet viele Wege zum Ziel“ – Äh, den Satz von Pjotr kann man jetzt auch falsch interpretieren
Das „Gospodin“ verrät dann auch, dass Aljoscha und Pjotr wohl in Kroatien wohnen. Ich hatte auf Ungarn getippt.
Den Dialog zwischen Benjamin und Aljoscha mag ich, Jürgen Kluckert ist hier so schön ruhig und besonnen und Vogdt agiert etwas zurückhaltend und respektvoll, das harmoniert richtig gut.
Dass Otto so nervös ist, als er Aljoscha das erste Mal sieht, ist etwas konstruiert und gewollt. So ist er doch sonst auch nicht drauf und wir reden hier ja nun nicht gerade von einer jahrelangen Brieffreundschaft. Zum Glück ist dieser leicht peinliche Moment schnell wieder vorbei.
„Wenn Benjamin schießt, flieg‘ ich mit dem Ball gleich bis ins Affenhaus“ – Das will ich sehen
Und Otto setzt noch einen drauf: „Kein Ball geht an dir vorbei“
Das Ende mit dem Fest passt zu der Folge, allerdings ist es etwas übertrieben, dass selbst die Kinder schon wieder im Spendenwahn sind. Das mit dem farbigen Handabdruck ist aber ein netter Abschluss. Hier merkt man dann schon, dass hinter der Folge eine Hilfsorganisation steht.
Ich mag die Folge noch immer. Auch wenn sie nicht wirklich tiefgängig ist, ist es schön, überhaupt nochmal eine Benjamin-Folge zu hören, die soziale Probleme behandelt. Die Atmosphäre ist einfach sehr gelungen und nach dem Sprecher-Sparkurs in der 88 ist hier wieder deutlich mehr Leben in Neustadt vorhanden, das gefällt mir. Aljoscha und Pjotr bleiben im Gedächtnis und geben ein schönes Gespann ab.
Spannung kommt zwar nicht auf, trotzdem ist die Erzählung nie langweilig. Mein einziger großer Kritikpunkt ist die übertriebene Spendenaktion. Als Reisefolge ins Heimatdorf von Aljoscha hätte man noch mehr draus machen können und die Handlung wäre auch tiefgängiger gewesen, aber auch so reicht es zu einer soliden 8, womit man Bibi wohl ein weiteres Mal schlägt. Letztlich bleiben die 83 und die 87 damit die einzigen wirklichen Ausfälle der 80er, ansonsten bleibt die Serie auch mit Kluckert relativ stabil. Schauen wir mal, wie der vorerst letzte Stella-freie Folgenblock ausfällt.
8/10
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„Vorsicht, Benjamin! Herr Schmeichler will dir schmeicheln!“
BeBl 63 - Der Computer
„Ich find die Idee gar nicht schlecht, Vater!“
„Gar nicht schlecht ist noch lange nicht gut. Du musst endlich einmal lernen, deine Meinung klar kundzutun!“
„Eben hat er sie noch ... kundgetan.“
„Ja, Herr Graf! Alex war sogar begeistert!“
B&T 20 - Mami siegt