Benjamin Blümchen 092 – bei den Eskimos
„Was? Du hast einen ganzen Rucksack mit Zuckerstückchen dabei?“
„Nein, jetzt nicht mehr. Ich lass ihn ja hier.“
Das ist möglicherweise die einzige Folge meiner Kindheit, die ich nie zu hören bekommen habe. Wir hatten die Kassette, aber solange ich denken kann, war da das Band gerissen und in der Kassette verschwunden. Von daher kann ich gar nicht vor dem Hören gar nicht sagen, wie problematisch die zweite von Zensur bedrohte Folge der Serie ist.
Auch wenn der Aufhänger zur Folge gerade 11 Folgen zuvor bei der Tempelkatze bereits benutzt wurde, finde ich ihn spannend und dieses Mal eigentlich sogar besser, weil niemand von den Freunden mit verschwunden ist, evtl. wird man zur Abwechslung also mal nicht vorab gespoilert, was passiert ist.
Ich finde es ja eigentlich immer gut, wenn man bei Benjamin auch Sachverhalte anpackt, die über das Niveau der 1. Klasse hinausgehen, aber das mit dem magnetischen Nordpol ist doch unnötig kompliziert und wird auch noch falsch erklärt. Warum kürzt man das nicht einfach ab und sagt, die Freunde reisen an den Nordpol? Kann sich jeder was drunter vorstellen, Punkt. Denn eigentlich liegt der magnetische Nordpol doch am Südpol und damit reisen Benjamin, Otto und Karla ja eigentlich gar nicht in die Arktis.
Es dauert dann noch eine ganze Weile, bis die Reise endlich losgeht. Herr Tierlieb hat was dagegen, Benjamin leiht sich noch eine Bohrmaschine und kämpft vor dem Piloten vergeblich um seine Zuckerstückchen. Interessant: Der Sack ist ein Problem, aber Benjamin nicht?
Wieso ziehen die Freunde ihre Winterkleidung eigentlich schon beim Start an?
Dass der Eisbär mitgeschleppt wird, ist natürlich ein bisschen over the top, aber nun gut
Benjamin, Otto und Karla haben am Nordpol offenbar überhaupt keinen Plan, wo sie langgehen sollen, Egon Eisbär soll’s richten. Otto hat es sich „gemütlicher“ vorgestellt. Ich dachte, er weiß so viel über die Pole, dann sollte er auch wissen, dass es im ewigen Eis nicht wirklich gemütlich ist…
Benjamins Idee mit dem Eisenwerkzeug ist recht… crazy, aber auch das muss man wohl so hinnehmen.
Dass jemand aus dem Hinterhalt Benjamin, Otto und Karla sabotiert, den man noch nicht kennt, ist eine spannende Idee. Auch dass die Freunde dann getrennt werden und Karla erstmal mit der Eskimofrau mitgeht, die freundlich ist, gefällt mir, aber bei dem Namen hätte man sich wirklich mehr Mühe geben können.
Der Professor ist dann irgendwie enttäuschend schnell ganz zufällig gefunden, aber es braucht natürlich noch einen Bösewicht in der Story, den man ernsthaft Esko Eskimo getauft hat. Die stimmgewaltige Interpretation von Ulrich Voss ist ganz gut, aber irgendwie ist mir die Story, bzw. Auflösung zu deppert. Esko will, dass der Professor verschwindet, lässt ihn aber gleichzeitig nicht gehen und hört ihm offenbar auch nicht zu. Der Professor ist ganz alleine ohne ein Team losgezogen und hatte keine Möglichkeit, Hilfe anzufordern. Und das Eisen in der Jacke hat ihn an die Säule geklebt und das scheinbar auch dann, wenn er die Jacke kurz mal ausgezogen und sich entfernt hat? Müsste Benjamin dann nicht auch längst an der Säule kleben? Der Eskimo sieht die Bohrmaschine und will damit den Geist des großen Eskimos befreien? Das ist mir irgendwie zu wild und bekloppt. Schon klar, dass man bei Benjamin die ein oder andere physikalisch eher fragwürdige Gegebenheit auch mal hinnehmen muss, aber das hier ist schon sehr abenteuerlich.
Joa, jedenfalls ist die Angelegenheit dann irgendwie geklärt, alle ziehen aneinander und haben sich lieb. Joa, tschuligom, dass ich euch gerade noch umbringen wollte. Und – wer hätte es ahnen können – Esko und Eska sind verheiratet!
Natürlich kriegt das Eisbärbaby auch noch seine Mami zurück, die zufällig vor dem Eskimodorf rumsteht und weint, sonst wäre es ja kein perfektes Happy End. Mensch, dass sich das alles immer so glatt entwickelt, dass die Freunde genau die Menschen und Tiere treffen, die sie brauchen und die in Verbindung miteinander stehen… Wahnsinn!
Esko will Fremden nie mehr Böses tun. Joa, ich weiß nicht, sind ja nicht alle wie Benjamin und seine Freunde, mal sehen, ob er seinen Vorsatz halten kann.
Was macht Professor Magneticus jetzt eigentlich mit der Entdeckung des magnetischen Nordpols? Hat er jetzt gefunden, ok, und weiter? Was hat es konkret mit dieser Statue auf sich, die für den Geist des Großen Eskimos steht und die einerseits nicht zerstört werden soll, andererseits will Esko aber mit der Bohrmaschine… ist ja gut, ich hinterfrage ja schon nichts mehr.
Also, es gibt sicher schlechtere Folgen. Man hat sich vermutlich gedacht, unverbrauchtes Setting mit neuen Gefahrenquellen, nochmal die Idee der abenteuerlichen 81 aufwärmen, das wird ein Selbstläufer. Aber leider fällt alles andere irgendwie hinten runter. Die Geschichte trieft nur so vor glücklichen Zufällen, was nicht hätte sein müssen, das vermittelte Wissen zum magnetischen Nordpol haut auch nicht hin und ist auch nicht gut präsentiert, über die Eskimos erfährt man im Grunde gar nichts, außer dass sie sehr einsam sind, was man hier auf physikalischer Ebene schlucken muss, damit die Story funktioniert, ist auch ein bisschen too much, die Einleitung, bis die Reise losgeht, ist eindeutig zu lang, wodurch der Hauptteil sehr gestrafft wirkt (deshalb weiß man sich auch nur mit aneinandergereihten Zufällen zu helfen), der Bösewicht der Story wird durch einen Bohrer lammfromm, Benjamin und Otto sind ja mal so gar nicht nachtragend und bei den Namen hätte man sich wirklich mehr Mühe geben können.
Positiv fällt die eisige Atmosphäre auf, die Sprecherleistungen sind auch sehr gut, durch die Trennung der Freunde und den erst spät auftauchenden Saboteur gibt es zumindest ein wenig Spannung, es ist erstmal unklar, was mit dem Professor passiert ist und ich mag solche kalten Settings einfach sehr. Das Cover finde ich farblich auch wunderschön, nur Benjamins Weihnachtsmann-Outfit irritiert etwas.
Trotzdem bleibt die Folge für mich im Mittelmaß kleben. Eine sehr überstürzt zusammengeschriebene Handlung, die man an vielen Stellen deutlich eleganter und fachlich besser hätte gestalten können. Atmosphäre allein reicht nicht. Da kann Bibi vielleicht mal wieder nen Punkt gutmachen.
5/10
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„Vorsicht, Benjamin! Herr Schmeichler will dir schmeicheln!“
BeBl 63 - Der Computer
„Ich find die Idee gar nicht schlecht, Vater!“
„Gar nicht schlecht ist noch lange nicht gut. Du musst endlich einmal lernen, deine Meinung klar kundzutun!“
„Eben hat er sie noch ... kundgetan.“
„Ja, Herr Graf! Alex war sogar begeistert!“
B&T 20 - Mami siegt